Historisches aus Niederdorf

Die Johannes - Kirche in Niederdorf

ein geschichtlicher Überblick

Siehe, eine Hütte bei den Menschen. Es ist ihr Gott und sie sind sein Volk.

gesprochen am Tag der Einweihung dieser Kirche, 23.11.1847

  

Entstanden ist die evangelische Gemeinde in Niederdorf vor allem durch die Aktivitäten der Familie Steinberg, Besitzer einer Zichorienfabrik. In deren Anwesen fanden zunächst Hausgottesdienste statt, an der neben der Familie auch preußische Zöllner und evangelische Pfeifenbäcker aus dem Kannenbäckerland teilnahmen. 1845 wurde auf Betreiben Steinbergs offiziell die Einrichtung eines evangelischen Gottesdienstes genehmigt.

 

Am 5.9.1845 fand der erste offizielle Gottesdienst im Beetsaal im Hause der Steinbergs statt.

Kurz darauf wurde eine kleine Kirche errichtet und am 23.11.1847 geweiht.

In dieser Zeit wurde auch die Abgrenzung der Gemeinde von Geldern betrieben, es entstand die Gemeinde mit Straelen und Wachtendonk. Damals zählte die Gemeinde 99 Mitglieder.

 

Im Jahre 1902 wurden die farbigen Glasfenster mit der Bleiverglasung eingebaut,

 

Umbauten erfolgten von 1910 - 1912, ein großzügiger Eingang mit Vorhalle und ein richtiger Kirchturm. Der Bau wurde damals begonnen, bevor die Baugenehmigung vorlag. Immerhin hatte ein Sturm das alte Dach arg mitgenommen, der Kirchenbesuch wurde gefährlich.

 

Eine neue Orgelempore wurde geschaffen, damit konnte auch eine richtige Orgel eingebaut werden. Am 19.Mai 1912 wurde der Umbau feierlich eingeweiht.

 

Das schlichte Innere des Bethauses erklärt sich aus dem reformierten Gottesdienst. Das Wort der Bibel, verkündet von der Kanzel steht im Mittelpunkt. Einen Altar brauchte man nicht, evangelisches Glaubensverständnis kennt keine Wandlung von Brot und Wein durch den Priester. Die Bänke rechts und links neben der Kanzel sind für das Presbyterium, den Gemeindevorstand bestimmt. Aus dessen Mitte nimmt der Pfarrer seine Aufgaben im Gottesdienst wahr.

 

Quelle: Wilfried Färber, Die Geschichte der Evangelischen Gemeinde Straelen-Wachtendonk gegründet in Niederdorf, aus: 150 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Straelen-Wachtendonk, Festschrift, Straelen 1995


Rheinische Post, 13.7.2012

 

von Bianca Mokwa

 

Niederdorf läutet per Hand

Die beliebte Hochzeitskapelle in Herongen hat nur eine Glocke. Dafür ist die von 1848 und wird seit jeher mittels Strick in Schwung gebracht. Die Küsterin kennt die richtige Technik.

 

HERONGEN Ein Gleichgewicht finden zwischen Ziehen und Loslassen, das sei dann schon alles, erklärt Margareta Dyx, Küsterin der evangelischen Kirche in Niederdorf. Schon läutet die Glocke aus dem Jahr 1848 in gewohnter Weise. Ein Selbstversuch zeigt allerdings, dass es gar nicht so einfach ist, den Strick zu ziehen, ohne dass er sich in eine Wild gewordene Schlange verwandelt.

Es muss also etwas dran sein, wenn das Landeskirchenamt in seinen,;Richtlinien für dies -Glockenwesen der Rheinischen Kirche" aus dem Jahr 1955 schreibt, dass richtiges Läuten eine Kunst sei, die gekonnt sein will. "Es ist also Sorge dafür zu tragen, dass das Läuten nicht Menschen mit ungeübten Händen und ungeschulten Ohren überlassen bleibt." Neben der Beherrschung der Läutetechnik gehöre die rechte innere Haltung dazu. Immerhin sollen die Glocken "als ein aufgerichtetes Zeichen des Glaubens" verstanden werden.

In Niederdorf läuten sie regelmäßig fünf Minuten vor dem Gottesdienst. Natürlich auch vor Hochzeiten, denn die schmucke Kapelle wird gerne von Paaren zur kirchlichen Trauung ausgesucht. Dann läutet sie auch länger als fünf Minuten. Die Küsterin kann sich noch 'gut an die Braut errinnern, deren Frisur mehr Zeit als erwartet in Anspruch nahm. "Nach über 20 Minuten ist das Läuten schon körperlich anstrengend", sagt Dyx und zeigt die Schwielen an ihren Händen. Da hören die Besucher auch den Unterschied zum maschinellen Geläut. "Nach einer halben Stunde, wird es immer schwächer", sagt sie lachend. Darauf verzichten möchte sie keinesfalls, sie liebt das bewusste Läuten. Zu Weihnachten und anderen Festtagen legt sich die 55-Jährige ganz besonders ins Zeug.

Ursprünglich hatte die Kirche in Niederdorf sogar drei Glocken. Das war vor dem Ersten Weltkrieg, dem zwei GIocken zum Opfer fielen. Erst 1929 wurde eine Glocke ersetzt, am 19.Januar 1930 zum ersten Mal geläutet. Sie stammte von der Glockengießerei Johann Georg Pfeifer in Kaiserslautern, wog 230 Kilo schlug im Ton "des". Noch bevor die Gemeinde ihre Absicht verwirklichen konnte, eine dritte Glocke anzuschaffen, wurde das Exemplar aus dem Jahr 1929 beschlagnahmt, wieder zu Kriegszwecken.

Die Glocke aus dem Jahr 1848 hat das alles überstanden. Gegossen wurde sie von Heinrich Schippang in Neuwied. Noch heute läutet sie und trägt die Inschrift: "Allein Gott in der Hoeh sei Ehr." Sie hängt in der Nähe des Hammers eines Uhrwerks, das zur Turmuhr gehört.

Die Stunde wurde früher durch die Glocke geschlagen. Heute ist sie aber nur noch zu hören, wenn die Küsterin am Strick zieht, oder ihre Vertretung. "Den Unterschied hören die regelmäßigen Kirchenbesucher sofort", sagt die Küsterin und lächelt. Es habe auch schon Überlegungen gegeben, die Glocke automatisch läuten zu lassen, sagt Dyx. Aber zu der alten Gründungskirche passe einfach das Geläut per Hand besser.

Biblische Grundlage

laut dem Merkblatt über den Gebrauch von Kirchenglocken des Landeskirchenamts aus dem Jahr 1955 leitet sich der Sinn des Glockengeläutes aus folgenden Schriftworten ab: Jeremia 22,29: O Land, Land, höre des Herrn Wort! 1. Korinther 13,1: Wenn ich mit Menschen und mit Engelzungen redete und hätte die Liebe nicht, so wäre ich ein tönend Erz oder eine klingende Schelle. Psalm 150,5: Lobet den Herrn mit hellen Zimbeln; lobet ihn mit wohlklingenden Zimbeln!